Segeln auf Folkebooten

Faszination Folkeboot
Kaum ein Segler kennt ihn nicht, diesen Klassiker, dessen zeitloser Riss Eleganz und Robustheit verbindet wie kaum ein anderer. Nach dem kurzen Weg vom Steg in das tiefe, windgeschützte Cockpit sind Alltagssorgen vergessen, es zählen nur Wind und Wetter, sowie der Charme der Lärchenplanken, das Pätschern des Wassers am Klinkerrumpf.
Als Familienyacht wurde das Folkeboot vor über 70 Jahren konzipiert. Auch heute noch genießen Familien mit Kindern jeden Alters ihre gemütlichen Törns in geschützten Gewässern. Doch es kann auch sportlich gesegelt werden, nicht zuletzt bei den zahlreichen Regatten, wie dem alljährlichen Gold Cup auf der Ostsee.
Und schließlich sind da noch die Individualisten, die Einhandsegler und eingespielten Crews, die mit ihren Folkes die Ostsee von Skagen bis Oulu bereisen, denen bei rauhen Bedingungen erst so richtig das Herz höher schlägt, voll Vertrauen zu ihrer kleinen Holzyacht, die immer noch ein bisschen mehr abkann als der erfahrenste Skipper. Doch auch sie sind erst so richtig zufrieden, wenn nach einem ereignisreichen Tag auf See das kleine Holzboot in einem gemütlichen Hafen oder einer sicheren Bucht liegt, die Gesichtshaut unter ihrer Salzkruste spannt und das Getränk der Wahl auf dem Cockpittisch steht.


Pures Segeln
Das Folkeboot will gesegelt werden. Auch ein kräftiger Außenborder bleibt ein reiner Hilfsmotor, leistet im Hafen oder bei Flaute gute Dienste, versagt aber im Seegang. Das Rigg ist schlicht, es umfasst die nötigsten Trimminstrumente sowie Fock und Großsegel, die ungerefft bis Windstärke fünf oder sechs gefahren werden.
Man sitzt knapp über der Wasserlinie auf der Ruderbank, stemmt sich bei Schräglage gegen das Süll, klemmt sich die Pinne unter den Arm und lässt sich die Gischt ins Gesicht klatschen oder sieht sich achterlichen Wellen Auge in Auge gegenüber. Man erarbeitet sich jede Meile, ist hautnah dabei, während das Holzboot seine Bahn zieht. Ein Folkeboot legt sich gerne sanft auf die Seite, aber gutmütig, wie es ist, verharrt es in dieser Stellung den ganzen Tag.
Vorm Wind bei einer leichten Brise, gemütlich mit ausgebaumter Fock dahintreibend, nimmt die clevere Crew sich nicht zuviel vor, lässt die Füße ins Wasser baumeln und genießt jede einzelne Meile.


Bewusster Verzicht auf Komfort
Ein Folkeboot bietet ausreichend Platz für zwei bis drei Erwachsene oder eine Familie mit zwei Kindern. Es lässt sich aber auch allein gut handhaben. Seit der Jungfernfahrt des ersten Folkebootes 1942, haben sich die Zeiten geändert. Heutigen Yachten fehlt kaum etwas von der Bequemlichkeit der modernen Eigentumswohnung.
Das ist nicht unser Anspruch. Gebückte Haltung unter Deck, keine Toilette, kein Kühlschrank, zwischen Segeln, Essen und Schlafen muss immer wieder umgebaut werden - wer sich darauf einlässt, bereit ist für die spröde Romantik einer Reise ohne den von zuhause gewohnten Komfort wird gerade das als Bereicherung empfinden.
Keineswegs ist es so, dass man bei Regen traurig unter Deck kauert. Die Kuchenbude sorgt für trockene, windgeschützte Stehhöhe. Und an einem lauen Sommerabend sitzt man ohnehin am liebsten unter dem funkelnden Sternenhimmel.


Folkeboote kommen überall hin
Kaum eine Bootsklasse kann, was für uns selbstverständlich ist: Die engsten Engstellen der Schlei aufkreuzen und anschließend übers offene Kattegat nach Schweden segeln. Mit 7,64m Länge und 2,20m Breite wird man selbst im überfülltesten Hafen noch ein Plätzchen finden. Der geringe Tiefgang von 1,20m sollte zwar nicht zu Leichtsinn verführen, aber es lassen sich gefahrlos enge Fahrwasser aufkreuzen, idyllische Ankerbuchten ansteuern, Abkürzungen nehmen, wo tiefergehende Schiffe passen müssen.
Und auch der lange Kiel ist weit davon entfernt, das Schiff träge und unhandlich zu machen. Egal wie doll es von der Seite pustet - solange man nicht ganz aufstoppt, läuft ein Folkeboot wie auf Schienen. Karussellfahren geht aber auch. Habt Respekt, aber keine Angst vor Hafenmanövern: Zwei Tonnen lassen sich prima von Hand manövrieren.


Ja, das Folkeboot hat seine Tücken, aber...
Klein, unkomfortabel, unzeitgemäß? Oder vielleicht erstaunlich robust, entwaffnend ehrlich und wohltuend minimalistisch?
Grundregel Nummer eins: Lasst euch auf das Boot ein, dann hilft es euch. Gegen seinen Willen geht es nicht.
Grundregel Nummer zwei: Ihr könnt immer nur mit dem Wind segeln, der gerade weht. Auch wenn das bedeutet, die Törnplanung anzupassen.
Grundregel Nummer drei: Es gibt immer Überraschungen. Und wer das genießen kann, wird sich nicht eine Minute langweilen.