Segeln auf Folkebooten
Faszination Folkeboot
Kaum ein Segler kennt ihn nicht, diesen Klassiker, dessen zeitloser Riss Eleganz und Robustheit verbindet wie kaum ein anderer. Nach den wenigen Schritten vom Steg ins tiefe, windgeschützte Cockpit sind Alltagssorgen vergessen. Der Charme der Lärchenplanken und das beruhigende Plätschern des Wassers am Klinkerrumpf verleiht ein Gefühl tiefer Behaglichkeit
Als Familienyacht wurde das Folkeboot vor über 80 Jahren konzipiert. Bei den zahlreichen Regatten, vor allem auf Binnenrevieren, findet man heute eher die Kunststoffversion. Immer noch lieben Kinder jeden Alters ihre hölzerne Gefährtin. Familien, Einhandsegler und Paare, Routiniers und Segelanfänger, bereisen mit ihren Folkes die Ostsee von Skagen bis Oulu - voll Vertrauen zu ihrer kleinen Holzyacht, die immer noch ein bisschen mehr abkann als der erfahrenste Skipper.
Ein tiefes Glücksgefühl stellt sich ein, wenn das kleine Holzboot bei rauen Bedingungen durch die Welle geht – aber noch viel mehr, wenn es nach einem ereignisreichen Tag auf See in einem gemütlichen Hafen oder einer sicheren Bucht liegt, die Gesichtshaut unter der Salzkruste spannt und das Getränk der Wahl auf dem Cockpittisch steht.
Purer Segelspaß
Das Folkeboot ist keine moderne Fahrtenyacht, sondern eine Jolle mit einer Tonne Ballast und einem Außenborder am Heck. Es will gesegelt werden! Nichts passiert auf Knopfdruck, alles ist Handarbeit. Die Rumpfgeschwindigkeit von sechs Knoten kann bei Windstärke vier erreicht werden, realistischer koppelt man mit vier bis fünf Knoten und freut sich dann, wenn es schneller geht.
Das Rigg ist schlicht, es umfasst die nötigsten Trimminstrumente sowie Fock und Großsegel, die ungerefft bis Windstärke sieben gefahren werden. Man sitzt knapp über der Wasserlinie auf der Ruderbank, stemmt sich bei Schräglage gegen das Süll, klemmt sich die Pinne unter den Arm und lässt sich die Gischt ins Gesicht klatschen oder sieht sich achterlichen Wellen Auge in Auge gegenüber. Man erarbeitet sich jede Meile, ist hautnah dabei, während das Holzboot seine Bahn zieht. Die Segeleigenschaften überzeugen heute wie vor 80 Jahren.
Bewusster Verzicht auf Komfort
Blockhütte statt Ferienwohnung. VW Bulli statt Wohnmobil. Folkeboot statt moderner Fahrtenyacht – das ist sicher nicht für jeden das Richtige. Kühlschrank, Bordtoilette, Lazyjacks? Wir haben nur, was man wirklich braucht: Kocher, Kojen, Kuchenbude überm Cockpit – kein Luxus, sondern pure Gemütlichkeit. Klein, unkomfortabel, unzeitgemäß? Oder vielleicht erstaunlich robust, entwaffnend ehrlich und wohltuend minimalistisch?
Gerade heute ist das erstaunlich Zeitgemäß: Ein Folkeboottörn ist eine Pause von der Digitalisierung. Vielen Chartergästen wird erst während der Reise bewusst, wie wohltuend das ist.
Aber was ist, wenn ihr als Gruppe unterwegs seid – braucht ihr dann nicht ein größeres Boot? Nein! Ihr braucht zwei, drei, viele Folkeboote. Mit mehreren kleinen Booten in der Gruppe zu segeln, macht den allermeisten Spaß. Folkebootsegler sind keine verschrobenen Individualisten – regelmäßige Treffen in Sommer und Winter zeugen von der Geselligkeit, die die Boote ermöglichen.
Folkeboote kommen überall hin
Kaum eine Bootsklasse kann, was für uns selbstverständlich ist: Die engsten Engstellen der Schlei aufkreuzen und anschließend übers offene Kattegat nach Schweden segeln. Mit 7,64m Länge und 2,20m Breite wird man selbst im überfülltesten Hafen noch ein Plätzchen finden. Der geringe Tiefgang von 1,20m sollte zwar nicht zu Leichtsinn verführen, aber es lassen sich gefahrlos enge Fahrwasser aufkreuzen, idyllische Ankerbuchten ansteuern, Abkürzungen nehmen, wo tiefergehende Schiffe passen müssen.
Ein Folkeboot legt sich gerne sanft auf die Seite, aber gutmütig, wie es ist, verharrt es in dieser Stellung den ganzen Tag. Es fährt zuverlässig und stoisch geradeaus – und wenn es muss, dreht es auf dem Teller. Habt Respekt, aber keine Angst vor Hafenmanövern: Zwei Tonnen lassen sich prima von Hand manövrieren.
Ein Boot ohne Nachteile
…jedenfalls für diejenigen, die sich darauf einlassen – dann hilft euch das tapfere Boot in jeder Situation. Gegen seinen Willen geht es nicht. Ihr könnt immer nur mit dem Wind segeln, der gerade weht. Auch wenn das bedeutet, die Törnplanung anzupassen – auch das ist eine Bereicherung, indem es uns runterholt von dem hohen Ross, auf dem wir meistens sitzen.
Es gibt immer Überraschungen. Und wer das genießen kann, wird sich nicht eine Minute langweilen.